Richtige Entscheidung aber mangelhafte Argumentation
Taskforce stellt Nutzen einer FFP2-Maskenpflicht im Alltag in Frage

Die wissen­schaft­li­che Taskforce des Bundes stellt den Nutzen eine FFP2-Trage­pflicht im Alltag in Frage. Zwar sei die Wirksam­keit der FFP2-Masken höher als dieje­ni­ge der chirur­gi­schen Masken, jedoch nur bei korrek­ter Anwen­dung. Die richti­ge Anwen­dung einer FFP2-Maske sollte jedoch nicht das primäre Haupt­kri­te­ri­um für die Defini­ti­on als Alltags­mas­ke darstellen.

Passform und Preis im Fokus

Die Schwie­rig­keit bestehe darin, die FFP2-Masken an die Gesichts­form anzupas­sen und das passen­de Modell für die tragen­de Person zu finden, teilte die Taskforce in ihrem am Freitag aufge­schal­te­ten Policy Brief mit. Das bedinge ein Training, was für die gesamte Bevöl­ke­rung schwie­rig umzuset­zen wäre.

Sitze die Maske nicht richtig, dann sei nicht nur der Träger weniger geschützt sondern auch die anderen Menschen. Wegen des grösse­ren Atemwi­der­stands bei einer FFP2-Maske könnten durch eine falsche Anwen­dung theore­tisch sogar mehr anste­cken­de Parti­kel in die Umwelt gelan­gen, als bei einer korrekt getra­ge­nen chirur­gi­schen Maske.

Ausser­dem seien die Masken bis zu zehnmal teurer und es wäre angesichts der nicht vorher­seh­ba­ren Dauer der Corona-Pande­mie nicht einfach, die Motiva­ti­on der Menschen zum Tragen dieser Masken aufrechtzuerhalten.

Gesundheitsrisiken von FFP2-Masken

Weiter müssten auch mögli­che Gesund­heits­ri­si­ken in Betracht gezogen werden, zum Beispiel für Menschen mit einge­schränk­ter Lungen­funk­ti­on oder — wegen des engen Sitzes der Maske — durch Gesichts­der­ma­ti­tis. Deshalb solle auch bei Risiko­per­so­nen der Einsatz der FFP2-Masken nur nach einer genauen Abwägung der Nutzen und Risiken durch einen Arzt in Betracht gezogen werden.

Und schliess­lich gebe es immer mehr Beweise für die schüt­zen­de Wirkung von chirur­gi­schen Masken. Die Taskforce stelle deshalb den Nutzen einer FFP2-Masken­pflicht für die breite Bevöl­ke­rung in Alltags­si­tua­tio­nen wie zum Beispiel in öffent­li­chen Verkehrs­mit­teln in Frage.

Kritische Stimmen in der EU

Zwar überträ­fen die ventil­lo­sen Hochleis­tungs-Atemschutz­mas­ken der Sorte FFP2 in der Regel die chirur­gi­schen oder Commu­ni­ty-Masken. Dies sei aber nur “bei korrek­ter Anwen­dung” der Fall. Der bessere Schutz gelte für den Schutz der Masken­tra­gen­den als auch für die Perso­nen in deren Umgebung.

Doch auch die EU-Gesund­heits­be­hör­de ECDC steht dem zusätz­li­chen Nutzen von FFP2-Masken im Alltag skeptisch gegen­über. “Der erwar­te­te Mehrwert der univer­sel­len Verwen­dung von FFP2-Atemschutz­mas­ken in der Gemein­schaft ist sehr gering”, teilte die in Stock­holm ansäs­si­ge Behörde am vergan­ge­nen Mittwoch mit.

Meinung der AirVox-Redaktion

Die Logik, die hinter den Aussa­gen der «wissen­schaft­li­chen» Taskforce steht, ist nicht immer auf den ersten Blick erkenn­bar. Manch­mal auch nicht auf den zweiten. Trotz­dem schafft es die offen­bar nach «wissen­schaft­li­chen» Prinzi­pi­en folgen­de Taskforce hin und wieder doch, einiger­mas­sen nachvoll­zieh­ba­re Entschei­dun­gen zu treffen. Im aktuel­len Fall stellt sie den Nutzen einer FFP2-Masken-Trage­pflicht im Alltag in Frage. Sie argumen­tiert in erster Linie mit der Schwie­rig­keit einer korrek­ten Anwen­dung. Weiter werden Gesund­heits­ri­si­ken für Menschen mit einge­schränk­ter Lungen­funk­ti­on oder Risiko­per­so­nen ins Feld geführt.

Die Argumen­ta­ti­on zeigt klar auf, dass die Taskforce immer wieder Schwie­rig­kei­ten mit Analy­tik und Zielde­fi­ni­ti­on hat. Diese beiden Punkte wären eigent­lich unabding­ba­re Voraus­set­zung zur Defini­ti­on einer sinnvol­len Strate­gie. Im aktuel­len Fall wurde also über eine FFP2-Trage­pflicht im Alltag debat­tiert. Eine solche Debatte könnte prinzi­pi­ell inner­halb von 5 Sekun­den ad acta legen. Warum?

FFP2-Masken wurden schlicht nicht für den Alltags­ge­brauch, sondern für den Einsatz im Arbeits­um­feld konzi­piert. So gibt es klare Empfeh­lun­gen im Bereich des Arbeits­schut­zes, wie lange eine FFP2-Maske ohne Unter­bre­chung getra­gen werden kann. An diesen Empfeh­lun­gen orien­tiert sich auch das Robert Koch-Insti­tut (RKI): «Gemäß Vorga­ben des Arbeits­schut­zes ist die durch­ge­hen­de Trage­dau­er von FFP2-Masken bei gesun­den Menschen begrenzt (siehe Herstel­ler­infor­ma­tio­nen, i.d.R. 75 Minuten mit folgen­der 30-minüti­ger Pause), um die Belas­tung des Trägers durch den erhöh­ten Atemwi­der­stand zu minimie­ren“, erklärt das RKI auf seiner Seite.

Was im Arbeits­um­feld Gültig­keit hat, müsste selbst­ver­ständ­lich auch im priva­ten Umfeld seine Gültig­keit haben. Wenn also diese FFP2-Maske nicht länger als 75 Minuten am Stück getra­gen werden sollte, dann kann man diese Maske wohl schon alleine aus diesem Grund KEINESFALLS für den Alltags­be­reich nutzen. Sie funktio­niert nicht bei länge­ren Zugsfahr­ten und sie funktio­niert nicht im Büro, ist somit also Alltagsuntauglich.

Trotz­dem gäbe es sehr wohl eine nützli­che Anwen­dungs­form einer solchen Maske: nämlich z.B. für Pflege­heim-Bewoh­ner, die sich damit effek­tiv selbst schüt­zen könnten, wenn sie z.B. von ihren Enkel­kin­dern Besuch kriegt. Man könnte sie auch bei Bedarf an Orten mit hohem Perso­nen­auf­kom­men nutzen, z.B. an Bus- und Tramhaltestellen.

Es gäbe also sehr wohl nützli­che Einsatz­be­rei­che für diese FFP2-Maske. Aller­dings müssen diese in jedem Fall freiwil­lig sein. Schliess­lich geht es hier ja um den eigenen Schutz, für den jeder selbst die Verant­wor­tung überneh­men sollte.